Annexion in allen Belangen

Die konkreten Schritte Israels zur Unterdrückung des palästinensischen Volkes betreffen sämtliche Bereiche des öffentlichen Lebens.

Wasser

Entgegen landläufiger Meinung ist das LandIsrael bzw. Palästina kein trockenes Land. Eine durchschnittliche jährliche Niederschlagsmenge von über 600mm (Messstation in Jerusalem), vergleichbar mit jener Wiens, sorgt dafür, dass die wichtigsten Grundwasserleiter, der westliche, der nordöstliche und der östliche Aquifer, mit ausreichend Wasser versorgt werden. 6 Zusätzlich läuft der wasserreiche Jordan von seinen drei Quellen, Banyas auf der syrischen Golanhöhe (von Israel im Sechstagekrieg 1967 annektiert), Hasbani im Libanon, Dan an der nördlichen Grenze Israels (1923 von der englischen Kolonialmacht Israel zugesprochen), durch das Westjordanland hindurch und mündet daraufhin im Toten Meer. Beziehungsweise sollte er dort münden. Denn von den 1250 Millionen Kubikmetern Wasser (mcm), welche der Jordan laut UN 1953 noch zum Toten Meer transportiert hatte sind heute nur mehr 20 mcm übrig. 7

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Ausläufer des Jordan nach dem Alumot-Damm, durch den Israel Wasserreserven abzweigt.
(Quelle: Messerschmid, 2021)

Ein Großteil der Wassermenge des Jordan wird bereits nahe seines Ursprungs, am See Tiberias, von Israel mittels des National Water Carriers abgezweigt und in den Süden transportiert, wo es „die Wüste zum Blühen bringt“. Währenddessen sinkt derWasserspiegel des Toten Meeres um mehr als 1 m/Jahr, mit den entsprechenden ökologischen Folgen, und was vom Jordan tatsächlich dasWestjordanland erreicht, gleicht mehr einem Todarm als einem Fluss. Der Jordan, ein internationales Gewässer und Wasserversorger für fünf Staaten (Israel, Libanon, Palästina, Syrien und Jordanien), wurde beinahe vollständig von Israel annektiert und auf die 700 mcm, welche sie für ihre 7 Millionen Bewohner aus diesem entnehmen, kommen 0 mcm für die insgesamt 5 Millionen Palästinenser. Eine ähnliche Verteilung findet sich bei den Grundwasservorkommen. Der ergiebigste Grundwasserleiter, der westliche Aquifer, aus welchem laut Oslo-Vertrag höchstens 362 mcm pro Jahr entnommen werden dürften, um dessen ökologisches Gleichgewicht aufrecht zu erhalten, wird von Israel jährlich um 591,6 mcm erleichtert. 84 mcm landen währenddessen bei Palästina. 8 Der nord-östliche Aquifer liefert 103 mcm an Israel und ca. 40mcm an Palästina während der östliche Aquifer, jener Aquifer welcher beinahe gänzlich im Westjordanland liegt, 40 mcm an Israel und 54 mcm an Palästina leitet. Zusammen mit den Entsalzungsanlagen und dem beinahe gänzlich in israelischen Staatsgebiet liegenden Küstenaquifers, decken diese Wasservorkommen den Gesamtwasserverbrauch Israels von 2000-2200 mcm ab und lassen seine Bewohner im Durchschnitt 247 l Wasser pro Tag privat verbrauchen. 9 (Zum Vergleich: der österreichische Durchschnitt liegt bei 130 l pro Tag und Kopf.) Einem Palästinenser stehen zur gleichen Zeit zwischen 60-70 l Wasser zur Verfügung, 30 Liter weniger als die WHO als Minimum für ein würdiges Leben festlegt. Der Grund warum dieser Missstand bestehen bleibt und keine neuen Brunnen aufseiten Palästinas gebohrt worden sind, ist schnell gefunden: Bereits zwei Monate nach der Annexion des Westjordanlandes 1967 hat Israel mittels Militärerlass Nr.92 beschlossen, dass jegliche Wasserbefugnisse und -hoheiten im annektierten Land unter die Entscheidungsgewalt eines Militärkommandeurs fallen. Weitere drei Monate später, wieder mittels Militärerlass Nr.158, wurde festgelegt, dass jegliche baulichen Arbeiten einen Erlaubnisschein benötigen, oder sonst als widerrechtlich abgerissen werden müssen. Konkret bedeutet das, dass jeder Brunnen, jede Zisterne, jede Leitung, jede Regenrinne – alles, was ein Palästinenser auf seinem Grund erbauen möchte – zuerst von Israel genehmigt werden muss. Gleiches gilt für jegliche Wartung oder Reperatur bereits bestehender Anlagen, welche ohne offiziellen Bescheid dem Verfall preiszugeben sind.

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Brunnenkonzentration und -kapazität an der Grenze zwischen Israel und dem Westjordanland. (Quelle: Messerschmid, 2021)

Seit der Einführung des Permit-Systems 1967 haben die Palästinenser keine einzige Zulassung für Brunnen am westlichen Aquifer erhalten. Anstatt neue zu erbauen, mussten sie mancherorts bereits bestehende, historische Brunnen zerstören, da für diese, vor 1967 erbauten, keine positiven israelischen Bescheide vorgewiesen werden konnten. Die bereits katastrophale Wasserversorgung hat sich dadurch seit den Oslo-Verträgen weiter verschlechtert. Ein kurzer Blick auf die Brunnenverteilung und deren jeweiliges Fassungsvermögen zeigt deutlich, dass diese Entwicklung keine klimatische Notwendigkeit ist, sondern eine politisch motivierte Annexion vonWasser, mit dem Ziel, das lokale Überleben des indigenen Volkes weitestgehend zu verhindern.

Land

Die Möglichkeit der Nutzung und Bewirtschaftung eines Stück Landes ist Mindestvoraussetzung für das Gedeihen und den Erhalt einer Kultur. Dementsprechend kann eine Annexion, also „die gewaltsame und widerrechtliche Aneignung fremden Gebiets“ (DUDEN Wörterbuch), als direkter Angriff auf die Überlebensfähigkeit des betroffenen Volkes gewertet werden. Eben jener Minderung der eigenen Überlebensfähigkeit ist das palästinensische Volk seit der völkerrechtswidrigen Annexion des Westjordanlandes 1967 ausgesetzt. Die Methoden der Landannexion sind dabei zahlreich und reichen von der Ernennung neuer Militärzonen, der Errichtung dauerhafter Siedlungen, der Umwidmung landwirtschaftlicher Zonen zu „Naturschutzgebieten“ bis hin zur gezielten Fragmentierung und Isolierung bestehender palästinensischer Gebiete durch Straßen und Mauern. Bereits umgehend nach Beendigung des Krieges 1967 annektierte Israel 7000 Hektar im Osten Jerusalems und vergrößerte dadurch das Stadtgebiet um 6400 Hektar verglichen mit jenem unter Jordaniens Herrschaft. Ein Großteil des zusätzlichen Landes kam von 28 annektierten palästinensischen Dörfern, deren Bürger zu „permanenten Bewohnern“ Israels gemacht wurden. 10 Bis 1997 wurden weitere 176 500 Hektar, insgesamt beinahe ein Drittel der Gesamtfläche des Westjordanlandes, zu israelischen Militärzonen erklärt und somit für Palästinenser praktisch unbewohnbar gemacht. 11 Grundsätzlich erhielt jeder Militärkommandant der IDF (Israel Defence Force) das Recht jedes Stück Land in Israel oder dem Westjordanland aus strategischen Gründen als Militärzone zu deklarieren und somit für Personen ohne Zulassungsbescheid unnutzbar zu machen. Eine Befugnismacht, welche bis zum heutigen Tag anhält und hauptsächlich mit der Notwendigkeit von Sicherheitszonen und Trainingsgründen für das Militär gerechtfertigt wird. Um die Siedlungstätigkeit innerhalb dieser Militärzonen und anderen palästinensischen Gebieten legislativ zu erleichtern, wurde zwischen 1979 und 1993 ein großer Teil jener Zonen zu israelischem Staatsgebiet ernannt (insgesamt 90 000 Hektar), in welchem sich bis zum heutigen Tag 145 vom israelischen Staat offiziell anerkannte Siedlungen sowie 140 staatlich unterstützte „illegal outposts“ angesiedelt haben. 12 Zusätzlich zu den neu ernannten Sicherheits- und Militärzonen und den zahlreichen illegalen Siedlungstätigkeiten wurden bis 1997 auch 34 000 Hektar palästinensisches Land, insgesamt 6% der gesamten Landfläche des Westjordanlands, zum „Naturschutzgebiet“ erklärt und somit der baulichen oder landwirtschaftlichen Nutzung durch die Palästinenser vorenthalten. 13 Neben dieser Aneignung palästinensischen Landes hat Israel auch mit großer Beharrlichkeit an der räumlichen Fragmentierung der palästinensischen Gemeinschaft gearbeitet. Mittels Straßen, deren Nutzung durch Checkpoints kontrolliert wird, und dem Bau einer 712 km langen, völkerrechtswidrigen Mauer („Separation Barrier“) wurde die geographische Einheit Palästinas in insgesamt 179 Fragmente zerbrochen, deren Austausch untereinander von Israel kontrolliert wird. 14

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Geschlossene Bereiche des Westjordanlandes nach angegebenen Gründen der Schließung. (Quelle: Kerem Navot)

Frei nach dem Motto, „Teile und Herrsche“, bleiben nach den israelischen Eingriffen nur noch dörfliche Bruchstücke von der einstigen Einheit Palästinas über, deren Fortbestehen durch diese Isolation zusätzlich gefährdet wird. Getrennt voneinander werden die verbliebenen palästinensische Dörfer zu leichteren Zielen einer sich ausbreitenden Siedlerbewegung. Einer Siedlerbewegung, welche nach den jüngsten Vorfällen noch weiter an Intensität zugenommen hat: 1222 Palästinenser wurden seit dem 7. Oktober aus aus ihren Heimatdörfern vertrieben, mindestens 407 im Zuge dessen getötet. Ein Vorgehen welches in den Worten des österreichischen UN-Menschenrechtskommissars Volker Türk als Kriegsverbrechen und klarer Bruch internationalen Rechts zu werten ist. 15

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Palästinenser leben oft in Baracken neben neugegründeten israelischen Siedlungen. (Quelle: B’Tselem)

Politische Führung

Jede Gemeinschaft ist für ihr Überleben auf politische Organisation und Repräsentation angewiesen. Einerseits um das gemeinsame Miteinander zu koordinieren, andererseits um nach außen hin geschlossen auf- und für ihre Rechte eintreten zu können. Dieses existenzielle Recht der politischen Vereinigung wurde den Palästinensern bis zum heutigen Tag beinahe gänzlich abgesprochen, mit den entsprechenden, häufig gewaltsamen Reaktionen als Folge. Bevorzugte Methode Israels zur Vereitelung der palästinensischen Kollektivierung ist, adäquat für eine hochentwickelte Militärnation, die gezielte Assassination potenzieller politischer Führer bzw. charismatischer Leitfiguren, immer unter Berufung auf das argumentative Allzweckmittel der „Terrorismusbekämpfung“. Wo der militante Widerstand jedoch seinen Ursprung nimmt, bleibt zumeist unbeleuchtet. Ronen Bergman, Investigativjournalist der größten israelischen Tageszeitung, Yedioth Ahronoth, sammelte aus Interviews mit über einhundert ehemaligen hochrangigen Mitgliedern des Auslandsgeheimdienstes Mossad, der IDF, und des Inlandsgeheimdienstes Shin Bet, Informationsmaterial, um in knapp 700 Seiten die Assassinations- Strategie Israels im Detail nachzuzeichnen. Er gibt Einblick in die ca. 2700 gezielten Ermordungsmissionen, welche in den letzten sieben Jahrzehnten von Israel geplant und meist auch durchgeführt wurden und scheint damit Licht auf die systematische Elimination des palästinensischenWiderstandes. Beispielhaft hierfür ist der Umgang mit der Fatah, welche 1959 an den Universitäten Palästinas gegründet, schnell zu einer der breitesten politischen Bewegungen und Hauptfraktion der PLO wurde. Drei ihrer wichtigsten Gründungsmitglieder waren Abu Youssef, Abu Jihad und Abu Ammar (Yassir Arafat):

Abu Youssef – April 1973:
Der Mitbegründer der Fatah wird mit seiner Frau und zusammen mit den Fatah-Mitgliedern Kamal Nassar und Kamal Adwan in seinem Apartment in Beirut, Libanon, erschossen. Ebenso wie u.a. die Ermordung von PLO-Mitgliedern Wael Zwaiter, Nazeyh Mayer und Kamal Husain in Rom, Mahmoud Hamshari in Paris, Hussein al Bashir in Nikosia, Basil al-Kubais in Paris, Zaiad Muchasi und Khaled Ahmed Nazal in Athen, wird das Attentat als Rache für die Geiselnahme bei den Olympischen Spielen 1972 in München verstanden. David Kimche, ehemals stellvertretender Leiter des Mossads meinte dazu im London Jewish Chronicle: „Das Ziel war nicht so sehr Rache, als vielmehr sie [die PLO] das Fürchten zu lehren. […] Wir wollten, dass sie über ihre Schultern blicken und fühlen, dass wir auf sie aus sind.“ 16 Eine Erinnerung, welche Youssef vermutlich nicht benötigt hätte: „Höchstwahrscheinlich werden wir alle sterben, getötet, weil wir einen erbitterten Feind konfrontieren. Aber die Jugend wird uns ersetzen.“ 17 Bei seinem Begräbnis gaben ihm eine halbe Million Menschen in Beirut sein letztes Geleit.

Abu Jihad – April 1988:
Der Mitbegründer der Fatah und Stellvertreter von Yassir Arafat in der PLO – wird im Zuge der Mission „Introductory Lesson“ in seinem Appartment in Tunis vor den Augen seiner Familie mit 52 Schüssen ermordet. Einer der Schützen, Moshe Ya’alon, wird später Stabschef im IDF und vermerkt: „Ich verstehe nicht warum man behauptet wir, Israel, verlören den Krieg um den (Zeit-)Geist. Wenn ich eine Kugel zwischen die Augen Abu Jihads, direkt in seinen Geist, jage, bedeutet das nicht, dass ich gewonnen habe?“. 18 Das US-Außenministerium verurteilte seine Ermordung als „Akt des politischen Attentats“. Der UN-Sicherheitsrat verabschiedete die Resolution 611, in der „die gegen die Souveränität und territoriale Integrität Tunesiens verübte Aggression“ verurteilt wurde. 19

Abu Ammar (Yassir Arafat):
Ariel Sharon, Verteidigungsminister und späterer Premierminister Israels, sah Arafat als stärksten Motor hinter den politischen Ambitionen Palästinas und es als unerlässlich, diesen aus der Welt zu schaffen. Meir Dagan, Generalmajor und späterer Direktor des Mossad unter Sharon, fasst es mit folgenden Worten zusammen: „Ich dachte, ihn zu töten würde alles verändern. Arafat war nicht nur ein palästinensischer Führer, sondern beinahe ein Gründungsvater der palästinensischen Nation. Ihn zu töten, würde einen großen Teil der Konflikte innerhalb der PLO zum Überkochen bringen und deren Möglichkeit, strategische Entscheidungen zu treffen, signifikant reduzieren.“ Um dieses Ziel zu erreichen, scheute man vor Wenigem zurück: Im Zuge der „Operation Olympia“ wurde Sprengstoff unter die Ehrenloge des Beiruter Stadiums gelegt, um sie während der Jubiläumsfeier der PLO 1981 zur Explosion zu bringen. Die Zündung wurde im letzten Augenblick durch Eingreifen Menachem Begins verhindert, aus Sorge vor westlichem Missfallen an der Tat. In einer weiteren Operation, „Salt Fish“, wurde eine Spezialeinheit im Zuge des Libanonkriegs mit der Ermordung Arafats mittels Luftschlags beauftragt. Arafat, welchem die Zerbombung seiner täglichen Aufenthaltsorte zunehmend verdächtig erschien, änderte ständig seine Routine und hatte das Glück des rechten Zeitpunkts auf seiner Seite. In den darauf folgenden Jahren wurden noch vereinzelte verdächtige Passagierflugzeuge ins Visier genommen, bevor man schlussendlich zu subtileren Methoden griff, um eine postmortale Huldigung Arafats als Märtyrer möglichst zu vermeiden. Er starb 2004 aus bisher ungeklärten Gründen nach plötzlicher schwerer Erkrankung. 20

Kultur

Neben der tatsächlichen Politik ist es auch die eigene Kultur, welche ein Volk bestärkt und es als klar definierte Einheit zusammenwachsen lässt. Jedes Volk hat seine Kulturträger – die Deutschen ihren Goethe, die Franzosen ihren Voltaire, die Russen ihren Dostojewski – welche als kollektives Sprachrohr und Destillat der gemeinschaftlichen Eigenschaften gesehen werden. Ebenso die Palästinenser. Dichter, Schriftsteller, Maler, Musiker, Filmschaffende, sie alle sind Träger der palästinensischen Kultur und Lebensweise. Sie alle tragen dazu bei, die Menschen in ihrem gemeinsam erlittenen Schmerz von Verlust und Vertreibung zu einen und diesen über die eigenen Grenzen hinweg hörbar zu machen. Sie schaffen und fördern die palästinensische Identität und werden daher zu Feindbildern eines israelischen Staates, welcher jenen Kultur die Existenz absprechen möchte. Die Ermordung palästinensischer Kulturschaffender hat dementsprechend bereits eine genauso lange Tradition wie jene ihrer politischen Führung:

Ich wünschte, Kindern stürben nicht.
Ich wünschte, sie würden zeitweilig in den Himmel gehoben werden,
bis der Krieg vorbei ist.
Dann würden sie heil nach Hause zurückkehren,
und wenn ihre Eltern sie frägten:
„Wo ward ihr denn?“ würden sie sagen:
„Wir haben in den Wolken gespielt.“

Ghassan Kanafani, Schriftsteller, Journalist und Aktivist, wurde zusammen mit seiner 17-jährigen Nichte mittels Autobombe vom Mossad 1972 ermordet.

Wenn ich sterben muss,
musst du leben,
um meine Geschichte zu erzählen,
um mein Hab und Gut zu verkaufen
um ein Stück Stoff zu besorgen
und ein paar Schnüre
(lass es Weiß sein
mit einem langen Schweif)
sodass ein Kind, irgendwo in Gaza
während es in den Himmel blickt
wartend auf seinen Vater,
der im Feuerball verschwunden ist –
und von niemand’ Abschied nahm
nicht einmal von seinem Leib
nicht einmal von sich selbst –
den Drachen, meinen Drachen,
oben fliegen sieht
und für einen Augenblick denkt,
dass ein Engel da ist,
der die Liebe wiederbringt.
Wenn ich sterben muss,
lass es Hoffnung bringen.
Lass es ein Märchen sein.

Refaat Alareer, Schriftsteller, Dichter, und Professor für Literatur, wurde am Mittwoch, 6. Dezember 2023 durch einen israelischen Luftangriff, gemeinsam mit seinem Bruder, dessen Sohn, seiner Schwester und drei ihrer Kinder getötet.


Quellen

  1. New York Times. How Arafat Eluded Israel’s Assassination Machine (Link), January 2018. ↩︎
  2. I. Pappé. The Ethnic Cleansing of Palestine. Simon and Schuster, 2007. ↩︎
  3. R. Khalidi. The Hundred Years’ War on Palestine: A History of Settler Colonialism and Resistance, 1917–2017. Metropolitan Books, 2020. ↩︎
  4. Salzburger Nachrichten. Israels Finanzminister: Palästinensisches Volk gibt es nicht (Link), March 2023. ↩︎
  5. T. Segev. „Die Palästinenser sind wirklich das Waisenkind des Nahen Ostens“. Die Zeit, November 2023. ↩︎
  6. E. Ahmad. The Selected Writings of Eqbal Ahmad. Columbia University Press, 2006. ↩︎
  7. Wetterkontor. Das Klima in Jerusalem – Daten für den Zeitraum 1961 bis 1990 (Link), March 2024. ↩︎
  8. Amnesty International. Troubled waters: Palestinians denied fair access to water (Link), 2009. ↩︎
  9. World Bank. Assessment of Restrictions on Palestinian Water Sector Development (Link), April 2009. ↩︎
  10. Israel Water Authority. Regulation, allocations, production and consumption of water (Link), March 2024. ↩︎
  11. B’Tselem. East Jerusalem (Link), January 2019. ↩︎
  12. Kerem Navot. A Locked Garden – Declaration of Closed Areas in the West Bank (Link), March 2015. ↩︎
  13. Middle East Monitor. West Bank: Israeli settlers form ’militia’ in occupied Palestine (Link), September2022. ↩︎
  14. Bimkom – New Israel Fund. From Public to National – National Parks in East Jerusalem (Link), 2012. ↩︎
  15. International Court of Justice. Legal Consequences of the Construction of a Wall in the Occupied Palestinian Territory (Link), July 2004. ↩︎
  16. United Nations. UN Human Rights Chief deplores new moves to expand Israeli settlements in occupied West Bank (Link), March 2024. ↩︎
  17. Jewish Telegraphic Agency. David Kimche, Top Israeli Spy, Dies At 82 (Link), March 2010. ↩︎
  18. Time Magazine. „Most Probably We’ll All Die“(Link), April 1973. ↩︎
  19. R. Bergman. Rise and Kill First: The Secret History of Israel’s Targeted Assassinations. Hachette UK, 2018. ↩︎
  20. New York Times. U.S. Assails P.L.O. Aide’s Killing as ’Act of Political Assassination’ (Link), April 1988. ↩︎